Recht der Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler Umfang der Beratungs-, Befragungs- und Dokumentationspflichten

Seit dem die Versicherungsvermittler einer Dokumentationspflicht unterliegen und auch
hierfür eine Vermögenshaftpflichtversicherung vorzuhalten haben, mehrt sich die Rechtsprechung zu § 63 VVG. Versicherungsnehmer versuchen daher nunmehr häufiger, den ihnen entstandenen Schaden, sofern er nicht von der Versicherung getragen wird, über
diesen Umweg bei dem Versicherungsvermittler geltend zu machen. Nach § 63 VVG ist der
Versicherungsvermittler zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der den Versicherungsnehmer durch die Verletzung einer Pflicht nach §§ 60 und 61 VVG entsteht. Ausgeschlossen ist die Schadensersatzpflicht jedoch, wenn der Versicherungsvermittler die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Das Oberlandesgericht Hamm hat nunmehr in einem Urteil (20 U 131/09) die Rechtsprechung zur Vermittlerhaftung weiter ausgestaltet. Es stand zu entscheiden, ob der Versicherungsvermittler dem Versicherungsnehmer gegenüber auch bereits dann haftet, wenn eine Beratung gar nicht dokumentiert wurde. Das OLG Hamm grenzt ferner anhand des dort zu entscheidenden Falles ab, ob überhaupt auf Seiten des Vermittlers eine Befragungs- oder Beratungspflicht besteht.

Nach übereinstimmender Ansicht der Rechtsprechung und Lehre soll die Dokumentation zum Einen lediglich Beweis für den Umfang der Befragung und Beratung und zum
Anderen die Verletzung der Dokumentationspflicht nur zu einer Beweiserleichterung
führen, wie es der Gesetzgeber ausdrücklich in seinen Motiven hervorgehoben hat (BTDrucks. 16/1935 S 26). Hieraus schließt das Oberlandesgericht, dass die Verletzung der
Dokumentationspflicht im Regelfall nur dann zu einem Schadensersatzanspruch führen
kann, wenn dem Versicherungsnehmer ein Beweisnachteil entsteht.

Ferner stellt das OLG Hamm klar, dass keine Dokumentationspflicht besteht, wenn auch keine Befragungs- oder Beratungspflicht besteht. Eine solche Befragungs- oder Beratungspflicht des Vermittlers ist grundsätzlich dann nicht anzunehmen, wenn es sich bei dem vermittelten Produkt um ein Standardprodukt des Massengeschäftes, wie zum Beispiel eine private Haftpflichtversicherung, handelt und der Versicherungsnehmer seinen Versicherungswunsch vorher klar artikuliert hatte.

Wenn sich dann aus den konkreten Umständen des Einzelfalles und des Kenntnisbereichs des Vermittlers hinsichtlich weiterer Versicherungs- und Vorsorgeprodukte des Versicherungsnehmers keine Probleme aufdrängen, dürfte keine Beratungs- oder
sogar Befragungspflicht bestehen, was eine Dokumentationspflicht ebenso entfallen lasse.
Für diese Fälle dürfte daher die Vermittlerhaftung ausgeschlossen sein.

Autor: Rechtsanwalt Dr. iur. Eberhard Frohnecke
u.a. Fachanwalt für Versicherungsrecht, Osnabrück